Musizierpraxis mit Kindern

Wie verwende ich mein Instrument, um Lieder einzuführen?

Auch hier müssen wir unterscheiden zwischen akkordischen Instrumenten und Melodieinstrumenten:

Der Gitarre spielende Lehrer wird wahrscheinlich gleich die Gitarre zu Hilfe nehmen, das Lied den Schülern vorsingen und dazu auch gleich begleiten. Dies ist für die Klasse insofern ein Vorteil, als sie gleich beides hören kann: Die Melodie und die Begleitakkorde. Der Nachteil dabei ist jener, dass die Schüler wahrscheinlich - je nach Stimmsicherheit des Lehrers/der Lehrerin - nicht sehr kräftig mitsingen werden, weil sie von der Lehrerstimme zu wenig geführt werden.

Bei den andern akkordischen Instrumenten (Akkordeon und Klavier) ist die Situation bereits eine ganz andere: Beide Instrumente ermöglichen es, Melodie und Begleitung gleichzeitig zu spielen - was jedoch beim Klavier einige Ansprüche stellt. Diese beiden Instrumente stellen also gewissermassen eine Verbindung dar zwischen Akkordischen Instrumenten und Melodieinstrumenten.

Und dann wären da noch die Melodieinstrumente (Blockflöte, Querflöte, Klarinette, Trompete, Saxophon, Horn, Panflöte, Posaune, Geige, Bratsche, Cello usw.): Sie alle haben zwar den Nachteil, dass der Lehrer/die Lehrerin nicht gleichzeitig spielen und singen kann - sie haben aber auch den unschätzbaren Vorteil, dass sie die Singstimme der Kinder besonders gut führen (mit Ausnahme etwa der Blockflöte, welche schlichtweg zu klangschwach ist, um im Klassenverband überhaupt eingesetzt werden zu können-). Wer schon mal in einem gemischten Chor mitgesungen hat, hat sicher auch noch in bester Erinnerung, wie der Chordirigent jeweils die einzelnen Stimmen eingeübt hat: mit Hilfe des Klaviers!! Wieso nicht mit der eigenen -wahrscheinlich gut ausgebildeten- Stimme? Ganz einfach: Weil sich die Stimme der ChorsängerInnen anscheinden vom Musikinstrument besser führen lässt.

 

Der Einsatz von Melodieinstrumenten ist in allen Phasen des Liederlernens möglich:

  • Der Lehrer/Die Lehrerin spielt das Lied vor, damit die Kinder es zuerst mal übers Ohr aufnehmen können. Ich stelle immer wieder fest, dass die Kinder das Lied müheloser erlernen, wenn es von einem Melodieinstrument vorgespielt wird, als wenn der Lehrer es vorsingt. Es scheint so, als ob die Kinder dem Musikinstrument eher glauben würden als der Singstimme. - Dies mag unter anderem daran liegen, dass das Melodieinstrument die Melodie auf jeden Fall reiner (und bestimmter) vorträgt als die Singstimme. 

 

  • Der Lehrer spielt das Lied vor, und die Kinder summen die Melodie bereits mit (Mitsingen auf einer Silbe, z.Bsp. auf   "na" ist noch besser)

 

  • Der Lehrer spielt das LIed vor, und die Kinder sprechen dazu den Text (genau in jenem Rhythmus, in welchem er im Text vorkommt, jedoch ohne die Melodie mitzusingen)

 

  • Der Lehrer spielt, die Kinder singen mit  (Text und Melodie)

 

  • Der Lehrer spielt das Lied, die Kinder bedienen Orff-Instrumente und Schlaginstrumente. Diese Art des gemeinsamen Musizierens ist für den Lehrer/die Lehrerin sehr anspruchsvoll. Er/Sie muss auf ihrem Instrument sehr sicher sein und - zusätzlich zum eigenen Spiel - noch in der Lage sein, die Instrumentalstimmen der Schüler zu kontrollieren. Dies alles erfordert schon fast die Fähigkeiten eines Dirigenten und kann nur durch jahrelange Arbeit erreicht werden. Eines jedoch ist klar: Wenn ich als LehrerIn in dieser Situation Noten lesen muss, dann habe ich keine Zeit mehr zum Zuhören; die Kontrolle über das Geschehen fehlt.

 

  • Und wenn das Lied bereits von früher her bekannt ist? Hier bietet sich die Möglichkeit an, ein musikalisches Puzzle anzufertigen: Der Lehrer zerschneidet eine Kopie des bereits bekannten Liedes in die einzelnen Liedzeilen (Textzeilen) und gibt diese den Schülern ab. Aufgrund des mehrmals vom Lehrer vorgespielten Liedes müssen die Kinder herausfinden, in welcher Reihenfolge die Lied-Puzzle-Teile zusammenzusetzen sind, damit das Lied richtig klingt. Des Lehrers Aufgabe besteht bei der Kontrolle der zusammengesetzten Teile bloss darin, zu den einzelnen Gruppen hinzugehen und ihnen ihre Version des Liedes vorzuspielen. Die Kinder werden schon sehr bald hören, ob das Lied im richtigen Ablauf erklingt, oder ob die betreffende Gruppe die Liedzeilen falsch zusammengesetzt hat. Für den Lehrer ist diese Kontrolle nicht ganz einfach, da er damit rechnen muss, die einzelnen Liedteile gegeneinander vertauscht vorzufinden. Flexibilität ist gefordert! - - - Es muss sicher nicht besonders erwähnt werden, dass diese Puzzle-Spiele die Hörfähigkeit und die Konzentrationsfähigkeit der Kinder enorm steigern.

Und noch ein grosses Anliegen zum Schluss:

Leider kommen viele LehrerInnen nur dann auf die Idee, etwas (z.Bsp. ein Lied) auf ihrem Instrument der Klasse vorzuspielen, wenn im Stundenplan gerade "MUSIK" steht. Tatsache ist jedoch, dass ein Lied oder ein musikalisches Ratequiz überall im Unterricht eingeflochten werden kann und dass dieses sehr viel zur Auflockerung des Unterrichts beiträgt.

 

Die obenstehenden Ausführungen zeigen wohl ausdrücklich genug, dass -fast- jedes Musikinstrument zum Einführen von Liedern geeignet ist. Die Frage ist bloss, ob man es den instrumentalen Möglichkeiten entsprechend einsetzt, oder ob man es völlig falsch einsetzt. Wird das Instrument vom Lehrer/von der Lehrerin falsch eingesetzt, so ist dies oft nicht die Schuld der Lehrperson, sondern hat seinen Ursprung in der Ausbildung am Lehrerseminar, welche gar nie darauf einging, was denn nun mit diesem Instrument möglich ist - und was eben nicht. Statt uns über den fehlenden Horizont zu beschweren, setzen wir doch viel besser alles auf eine Karte, nehmen das Risiko in Kauf und stürzen uns hinein ins Abenteuer; ins Abenteuer "LIEDBEGLEITUNG"