Musizierpraxis mit Kindern
  Das Leiten von Instrumentalstücken
 

Obwohl das Führen der Klasse beim Spielen von irgendwelchen Instrumentalstücken oder von ORFF-Begleitungen nicht viel mit Dirigieren zu tun hat, gilt es trotzdem, einige Grundregeln zu beachten:

Egal, wie klein die Besetzung ist, in welcher die Schüler ein Stück spielen ; der folgende Ablauf trifft immer zu:

1 Das Stück starten: Folgende Dinge sind wichtig: Es nützt nichts (und bringt nur Verwirrung), ein Stück in einem anderen Tempo anzuzählen, als in jenem, in welchem wir es effektiv klingen lassen wollen. Wenn ein Stück z.B. im 4/4-Takt steht, so kann ich mit "3 - 4" anzählen, aber eben:  immer im korrekten Tempo. So lernen die Kinder schon sehr bald, dass das Anzählen nicht nur dazu dient, die Klasse zu starten, sondern dass es auch Informationen darüber gibt, wie schnell das Lied (oder das Musikstück) gesungen (gespielt) werden soll. Aehnlich verhält es sich bei Stücken, die z.B. mit einem Viertelauftakt beginnen: Dabei mit "1 - 2 - 3" anzuzählen ist sehr sinnvoll; sofern es den Kinder eine Tempovorstellung zu vermitteln vermag.

Kleiner Trick: Die letzte Zahl muss deutlich lauter gesprochen werden, sodass die Kinder nur schon ob der unterschiedlichen Lautstärke starten: Beispiel: "1 - 2 - 3 - 4" (Mitklopfen während des Anzählens ist nicht verboten: so können die Kinder den Puls der Musik leichter übernehmen - -)

Und noch ein Tipp für blasinstrumente-spielende Lehrpersonen:

Es ist zwar recht viel anspruchsvoller, ein Stück anzuzählen, wenn man gleich danach auf seiner Trompete auch noch den richtigen Anfangston treffen muss; es ist aber mit einiger Uebung möglich und wird von vielen Lehrern erfolgreich angewendet.

2 Das Stück in Gang halten: Wenn die Lehrperson ein Instrument sicher spielt, so wird sie imstande sein, die Klasse damit zu führen, ohne zu anderen Hilfsmitteln zu greifen. Wenn dies aber nicht funktioniert, so müssen andere Mittel herangezogen werden:
  • selber mit Stab mitklopfen oder mit Händen mitklatschen
  • den Puls auf einem Bongo oder einer Pauke (oder auf einem anderen eher tief klingenden Rhythmusinstrument) mitschlagen
  • alle Kinder den Puls mitschlagen lassen (z.B. auf Pultplatte mit flacher Hand)
  • Puls stampfen mit Fuss
  • Im Raum umher marschieren und so den Puls im ganzen Körper spüren
3 Das Stück stoppen: Viele Vorhaben (nicht nur im Musikunterricht) scheitern daran, dass sie zwar gut gestartet und auch gut in Gang gehalten werden, dass sie jedoch nicht korrekt abgeschlossen werden. Dies ist einer der Hauptgründe, wieso Musikstunden oftmals ein wenig chaotisch werden. Im Gegensatz zu einer Mathematikstunde (z.Bsp. Lösen von Rechnungsaufgaben als Stillbeschäftigung im Schulzimmer) ist das Musizieren ein Sache, die unter anderem viel mit Bewegung und Gestaltung zu tun hat. Der Drang zur Bewegung und zur Gestaltung bringt Unruhe in ein Klassenzimmer oder in einen Singsaal. Deshalb ist es bei solchen Lektionen besonders wichtig, eine Sache nicht bloss laufen zu lassen, sondern sie zu einem sinnvollen Zeitpunkt (entschlossen!) zu stoppen. Es ist nicht übertrieben, in diesem Zusammenhang von "Ritualen" zu sprechen: Kleine Vereinbarungen zwischen der Lehrperson und den Schülern, die bewirken, dass wieder Ruhe einkehrt und eine konzentrierte Fortsetzung der Arbeit überhaupt erst möglich wird.

 

   

 

Sinnvolles Dirigieren

  Wir alle haben mal in der Lehrerausbildung gelernt, wie man korrekt im 2/4- oder im 3/4- oder im 6/8-Takt dirigiert. Dies ist zwar interessant, für den Primarschulunterrcht aber überhaupt nicht nötig. Viel wichtiger ist, dass wir als LehrerInnen den Puls gut spüren. Wenn all diese komplizierten Dirigierbewegungen weggelassen werden dürfen, bleibt plötzlich mehr Zeit für etwas anderes: für's ZUHÖREN! Wer schon mal ein kleines Stück mit seiner Klasse einstudiert (und geleitet) hat, weiss, wie schwierig es ist, überhaupt vor lauter Agieren noch mitzubekommen, was die Kinder an ihren Instrumenten machen; ob sie überhaupt den Rhythmus verstanden haben, den ich ihnen vorher erklärt habe, oder ob sie "schwimmen". Ganz zu schweigen von der Frage, ob sie überhaupt die richtigen Töne spielen auf Xylophon oder Metallophon. - - - -

 

   

 

Die Führung delegieren

  Ich habe noch nie eine Schulklasse gesehen, in der es kein einziges musikalisch begabtes Kind gibt. Ich spreche nicht von Ausnahmetalenten, sondern von Kindern, die in ihrem rhythmischen Geschick, in ihrem Pulsempfinden oder in irgend was anderem hervorstechen; auffallen. Wieso eigentlich nicht diesen Kindern eine Spezialaufgabe geben und mal ein solches Kind die Klasse führen lassen. Das Kind wird ihnen dankbar sein, wenn sie es ein wenig herausfordern und es auch spüren lassen, dass es hier eine Spezialaufgabe ausführen darf.

Der grosse Vorteil für Sie selber liegt auf der Hand:

Sie haben plötzlich viel Zeit, um die Klasse zu beobachten, zuzuhören und die Fähigkeiten der einzelnen Kinder zu erkennen.