2.1 Pro und Contra
2.1.3 Es steht geschrieben 2.2 Persönlichkeitsentfaltung durch Musik
2.3 Projekte bezüglich Musikunterricht
2.1 Pro und Contra Wie bereits erwähnt, lehnt niemand Musik ab. Bei meiner Umfrage stellte sich auch heraus, dass Schüler wie Lehrpersonen den Musikunterricht nicht abschaffen möchten. Ich hatte Mühe, jemanden zu finden, der sich eindeutig gegen die Erteilung von Musikunterricht aussprach. Höchstens der Wunsch nach einer Fachlehrperson oder nach Musikunterricht auf freiwilliger Basis ausserhalb, wurde laut. Welche Argumente nun für den Musikunterricht an der Primarschule sprechen, ist auf den folgenden Seiten zusammengefasst.
2.1.1 Argumente von Primarlehrpersonen Meine Umfrage beschränkte sich auf Lehrkräfte aus Luzern und der Agglomeration. Ich bin mir bewusst, dass sie nicht ganz den Kriterien für eine repräsentative Stichprobe entspricht. Aus den Ergebnissen lassen sich aber dennoch gängige und häufig auftretende Meinungen zusammenfassen. Die folgende Auflistung, warum Musikunterricht an der Primarschule unterrichtet werden soll, ist ähnlich einer Hitparade strukturiert. Das am häufigsten genann-te Argument steht an oberster Stelle.
2.1.2 Die Meinung von Fachlehrkräften Warum soll an den Primarschulen Musik unterrichtet werden? Diese Frage stellte ich meinem Instrumentallehrer Pius Haefliger und dem Mittelschulmusik-lehrer Mario Thürig.
Mario Thürig Wie wissenschaftlich belegt wurde, erweist sich Musik als förderlich für das vernetzte Denken, da sie beide Hirnhälften anspricht. Forschungen bewiesen, dass man "gescheiter wird durch Musik". Die Musik spricht aber nicht nur den Geist sondern auch das Gemüt an. Musik ist "Kopf, Herz und Hand". Weiter kann er aufgrund von Erfahrungen am eigenen Körper und beim Unterrichten in der Schule behaupten, dass "Musik gut tut". Ausserdem ist Musik ein Kulturgut. Volksmusik nimmt einen festen Platz in unserer Kultur ein. Alle hören Musik, wenn auch verschiedene Stile. Er denkt, dass Musik bei der Jugend sogar einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. 2.1.3 Es steht geschrieben "Gescheiter durch Musik" oder anders gesagt, wer musiziert, erzielt bessere Leistungen in anderen Fächern. Denn aufgrund von Schulversuchen gelangte man zur Erkenntnis, dass vermehrter und intensiver Musikunterricht nicht nur die Leistungsfähigkeit der Schüler erhöhte, sondern auch in hohem Masse deren Sozialkompetenz. Die höhere Kompetenz im Singen, Musizieren, Tanzen, Hören, Notieren und Beurteilen von Musik muss gar nicht erst genannt werden.1 Dazu ist der Erwerb von musikalschen Kenntnissen ein Beitrag zur sinnvollen Freizeitgestaltung der Jugendlichen, später Erwachsenen. Weiter ist die harmonische Entwicklung von Kopf, Herz und Hand wichtig. Am Fach Musik sieht man sehr gut, wie die drei Bereiche Denken, Fühlen, Handeln ineinandergreifen und sich gegenseitig unterstützen. Jedes notierte Musikstück besteht aus Zeichen, die man lesen muss, um deren Bedeutung zu verstehen. Die linke Hemisphäre ist gefragt. Aber um das Stück zu überblicken, zu begreifen und es in eine Klangvorstellung umsetzen zu können, braucht es die rechte Hemisphäre. Schliesslich führen die Hände aus, was geschrieben steht.2
2.2 Persönlichkeitsentfaltung durch Musik 2.2.1 Der Kongress zu diesem Thema Unter dem Titel "Persönlichkeitsentfaltung durch Musikerziehung" fand vom 23.- 25. Januar 1997 in Luzern der Europäische Kongress für Musikpädagogik statt1. Häufig zur Sprache gebracht wurden die Quantität und Qualität des Musikunterrichts sowie die Lehrerbildung und die Hoffnung auf "eine sichere pädagogische Position des Musikunterrichtes". Unter anderem berichtete Ernst Waldemar Weber über die Schulversuche mit erweitertem Musikunterricht in der Schweiz2.
2.2.2. Zusammenfassung Die Anzahl der Musiklektionen soll nicht erhöht werden, wenn nicht gleichzeitig die Qualität von Musikunterricht und musikalischer Bildung erhöht und zugleich gesichert wird. In den Studien wurde nämlich belegt, dass man die gewünschten Effekte nur erzielt, wenn der Musikunterricht ein hohes Niveau aufweist. Den Berichten über den schweizerischen Schulversuch mit erweitertem Musikunterricht zufolge kann man sagen, dass "Musik Wunder bewirkt". Als Beispiel angegeben wird eine Klasse, für die man kaum Lehrpersonen fand, da sie "sozial so zerfahren war". Nach zwei Jahren erweitertem Musikunterricht erkannte man die Klasse kaum wieder, nur noch die Energie war geblieben, im positiven Sinne. Man sollte Musik deshalb zielorientiert einsetzen. Nur ein kreativ orientierter Musikunterricht bewirkt Kreativitätsförderung, nur ein spielerischer und auf soziale Integration angelegter Musikunterricht bewirkt eine Verringerung von Aggressivität und Gehemmtheit, und nur ein leistungsorientierter Musikunterricht bewirkt auch aussermusikalische Leistungssteigerung. Weiter muss die Förderung des musikalischen Potenzials in jedem Menschen durch die Grundausbildung an öffentlichen Schulen garantiert sein, da umfangreiche Forschungen zum Thema aussermusikalische Wirkungen von Musik und musikalischer Aktivität die Wichtigkeit der musikalischen Erziehung bestätigen. Die Bedeutung und Funktionsweise des Gehörs und der musikalischen Prozesse im Gehirn kennt man ebenfalls besser, daher kann behauptet werden, dass Musikunterricht gegenüber anderen Fächern gleichwertig ist und man das musikalische Zeichensystem mit dem sprachlichen und mathematischen gleichsetzen kann. Eine solide Breitenförderung stellt deshalb die Grundlage zur wirksamen Fachausbildung und Spitzenförderung dar. All dies rechtfertigt den Musikunterricht an den öffentlichen Schulen. Es sollten daher auch überholte Einstellungen wie die, dass Musik für eine erfolgreiche berufliche Laufbahn nicht so wichtig sei, revidiert werden.3 1 Die Zusammenfassung der Inhalte dieses Kongresses erschienen in Buchform unter dem gleichnamigen Titel "Persönlichkeits- faltung durch Musikerziehung", von Josef Scheidegger und Hubert Eiholzer siehe Literaturverzeichnis S. 342 Ernst W. Weber und Maria Spychiger sowie Jean-Luc Patry haben dazu ein Buch verfasst, dessen Inhalt auf den Seiten (17-19) zusammengestellt ist 3 Nach: M. Spychiger in "Persönlichkeitsentfaltung durch Musikerziehung" von J.Scheidegger/ H. Eiholzer, S. 7- 11
2.3 Projekte 2.3.1 Musik macht Schule Im gleichnamigen Buch1 wird über den gesamtschweizerischen Schulversuch mit erweitertem Musikunterricht während drei Jahren berichtet und die Ergebnisse sowie die daraus folgenden Konsequenzen dargelegt.
Wie kam es dazu? Man wollte folgende Vermutungen wissenschaftlich beweisen: Intensive Beschäftigung mit Musik fördert die Konzentrationsfähigkeit, das Gedächtnis, die sprachliche und allgemeine Ausdrucksfähigkeit und steigert die Lebensfreude. Dies wirkt sich auch auf die schulische Motivation aus. Deshalb werden in allen Schulfächern, auch in denen mit reduziertem Pensum, normale oder sogar bessere Leistungen erwartet.2 Dass die Musik aussermusikalische Wirkungen habe, lässt sich bis ins Altertum zurückverfolgen. Der Einfluss auf Verhaltensbereiche wie z.B. das Sozialverhalten erkannte man bereits im alten China und im antiken Griechenland: "Die Wirkung der musischen Betätigung ist die Bildung und Formung der Menschen durch die Musen. Die Musike ist also die göttliche Erziehung."3 Die Idee ist also nicht neu, aber aufgrund von Publikationen über die Musik-Grundschulen in Ungarn und Ergebnisse von ähnlichen Schulversuchen in Deutschland, Österreich und der Schweiz4 wurde der nun folgende Schulversuch gestartet.
Der Schulversuch Der Schulversuch wurde in den Schuljahren 1988/ 89 bis 1990/ 91 in verschiedenen Kantonen5 der Schweiz durchgeführt und somit die Bandbreite der unterschiedlichen Schulsysteme abgedeckt. Insgesamt nahmen 50 Klassen daran teil. 29 davon waren Primarklassen, sechs Sekundarklassen, fünf Gesamtschulklassen sowie Sekundarklassen. Die Versuchsklassen erhielten wöchentlich fünf statt zwei Lektionen Musik. Eine zusätzliche Belastung ergab sich nicht, da die Lektionen in den Hauptfächern Mathematik, Muttersprache und einem anderen Hauptfach reduziert wurden. Es durfte auch kein Stoff über vermehrte Hausaufgaben behandelt werden. Zudem wurde zu jeder Versuchsklasse eine ähnliche Klasse ohne erweiterten Musikunterricht als Kontrollklasse bestimmt. Die Lehrpersonen der Versuchsklassen mussten gut und gerne singen sowie ein Instrument beherrschen. Sie nahmen ausserdem zweimal jährlich an Weiterbildungsseminarien teil, wo ihnen Kenntnisse, Fähigkeiten und Anregungen für ihren Unterricht vermittelt wurden. Den eigentlichen Unterricht konnten sie jedoch im Rahmen der kantonalen Bestimmungen selber gestalten. 1 Ernst W. Weber, Maria Spychiger, Jean-Luc Patry, "Musik macht Schule", siehe Literaturverzeichnis S. 34 2 Anlehnend an die Kurzfassung von "Musik macht Schule" 3 Zitat aus "Musik macht Schule" siehe Literaturverzeichnis S. 34 4 Singklasse in Muri 1972/ 73
Jeder Kanton musste an die IASEM einen jährlichen Beitrag von Fr. 1500.- pro teilnehmende Klasse entrichten und zweimal jährlich Fr. 600.- pro Lehrkraft für Weiterbildungsseminare zahlen. Die Ergebnisse Während des Versuchs wurden drei Messungen durchgeführt. Es ging dabei um die Leistungen in den reduzierten Fächern, um Intelligenz, Ausdrucksfähigkeit, Kreativität, Kontrollüberzeugung1 und Gruppenverhalten. Lehrpersonen2 und Schüler3 füllten Fragebogen aus, aber auch Video- und Tonbandaufnahmen, Schulbesuche, Besuche von Aufführungen, Berichte der Presse, der Eltern und anderes zählten als Informationsquellen. Hypothetisches Zusammenhangsmuster von erweitertem Musikunterricht und positiver Persönlichkeitsentwicklung 4
Versuchsklassen / erhöhte kognitive Kompetenz
Es zeigte sich, dass der erweiterte Musikunterricht Zeit brauchte, um die Wirkung zu entfalten. In der Primarschule war zudem das Modell "erweiterter Schulunterricht auf Kosten von Hauptfächern" leichter durchführbar, als an den Sekundarschulen mit dem Fachlehrersystem. Lehrpersonen der Primarklassen erbrachten einen überdurchschnittlichen Aufwand, da sie trotz des Stundenabbaus den Lehrplan im Wesentlichen einhielten. Ihre didaktische Kreativität und pädagogische Kompetenz war gefordert und wurde auf die Probe gestellt.
fallene Tätigkeiten Die von Lehrpersonen verfolgten Ziele waren neben Freude an der Musik und Erwerb musikalischer. Fähigkeiten auch die Persönlichkeitsentwicklung durch Musik Siehe auch Kapitel 2.2, Seite 16
Schulpolitische Folgen Obwohl die Lektionen in den Hauptfächern reduziert wurden, erbrachten die Schüler der Versuchsklassen nicht weniger, in einigen Fällen sogar bessere Leistungen. Sie eigneten sich zusätzlich musikalische Kompetenzen an, welche die Schüler der Kontrollklasse nicht vorweisen konnten. Diese Tatsache ist bedeutsam und grundlegend: Der Erwerb musikalischer Kompetenzen ohne Beeinträchtigung der für das spätere Leben vordergründig wichtigen Schulfächer kann ein wichtiger Beitrag zur sinnvollen Freizeitgestaltung der Jugendlichen und späteren Erwachsenen sein. Der Gewinn im Bereich der sozialen Kompetenzen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Deshalb haben alle Schülerinnen und Schüler der Volksschule ein Anrecht auf einen guten Musikunterricht, der nicht nur eine fakultative Zugabe, sondern genau so wichtig ist wie Muttersprache, Mathematik und Turnen.1 Die Idee "bessere Chancen für den Musikunterricht an den Schulen" wurde in einzelnen Kantonen fortgesetzt, darunter auch im Kanton Luzern2. Der Abbau von Musikstunden ist eine Abwertung des Fachs in den Augen der Schüler, Lehrer und der Öffentlichkeit. Weiter erzielt man mit nur einer Lektion pro Woche3 keine befriedigenden Ergebnisse. Aus diesen Gründen verbreiten sich auch vermehrt disziplinarische Probleme. Will man den Teufelskreis durchbrechen muss folgendes geschehen:
Dazu muss Folgendes noch angeführt werden: Damals wünschten sich die Autoren von "Musik macht Schule" eine analoge Institution zu "Jugend und Sport". Heute gibt es dies tatsächlich. "Jugend und Musik"5 wurde im Januar 1999 in Bern gegründet. Die Präsidentin ist die ehemalige Luzerner Regierungsrätin Brigitte Mürner.
2.3.2 Erweiterter Musikunterricht in der Stadt Luzern
Laut Caroline Steffen1, Musikverantwortliche der Stadt Luzern, haben heute alle Schüler der Stadtschulen zwei Lektionen Musikunterricht pro Woche. Bei den Zweit- und Drittklässler kommt noch eine dritte Lektion dazu, da sie am Modell "Integration der musikalischen Grundschule" beteiligt sind.
Was ist das Integrationsmodell? Wie bereits erwähnt, besuchen die Zweit- und Drittklässler drei Schulmusiklektionen anstatt wie bisher zwei. Die Gesamtstundenzahl bleibt aber, "da eine Verlagerung nach Ermessen des Klassenlehrers gemäss der neuen Wochenstundentafel vorgenommen wird"2. Eine Fachperson unterrichtet zusammen mit der Primarlehrperson diese zusätzliche dritte Musiklektion. Während die Primarlehrperson für die Umsetzung des Lehrplans und das Erarbeiten des Lehrmittels3 zuständig ist, gibt die Fachlehrperson Impulse für einen vielseiti-gen Musikunterricht. Sie zeigt aber auch, wie man neue Lerninhalte einführen könnte und vertieft bereits erarbeiteten Stoff. Die Fachlehrperson muss dementsprechend ausgebildet sein. (ein Primarlehrer/ innenpatent und Unterrichtserfahrung ist von Vorteil.
Wie kam es zum "Integrationsmodell"? Eine Arbeitsgruppe unter dem Präsidium von Caroline Steffen befasste sich mit den Schulversuchen mit erweitertem Musikunterricht. Es zeigte sich, dass die Schüler der Versuchsklassen in den Hauptfächern bessere Leistungen erzielten als ihre Kollegen, und dass sie schöpferischer sowie stabiler in ihrer Gefühlswelt waren.4 Die Arbeitsgruppe stellte darauf dem Erziehungsrat einen Antrag für das Pilotprojekt "Intensivierter Musikunterricht" auf das Schuljahr 94/ 95, welcher bewilligt wurde. Zuerst erhielten nur die 1. 3. Klassen der Schulhäuser Wartegg, Pestalozzi und Würzenbach eine dritte Lektion Musik. Aufgrund der positiven Ergebnisse der Zwischenberichte wurde dann dieses Modell flächendeckend für die ganze Stadt Luzern eingeführt. Der Grosse Stadtrat beschloss am 30. Januar 1997, dass jeweils die 2. und 3. Primarklassen eine zusätzliche Musiklektion erhalten. Dieses Integrationsmodell ist jedoch auf fünf Jahre limitiert. Die Beauftragten für Musikunterricht haben die Aufgabe, Zwischenberichte zu erstellen und Erfahrungen festzuhalten, damit im Jahre 2001 die Situation neu beurteilt werden kann. Einer dieser Zwischenberichte wurde kürzlich erstellt und liegt in der nächsten "Lozärner Schuelziitig" vor, die am 28. März 2000 erscheint.
2.3.3 Grundschulobligatorium Schenkon In Schenkon besuchen die Erst- und Zweitklässler seit diesem Schuljahr die musikalische Grundschule. Schenkon ist die erste Gemeinde im Kanton Luzern, die den Grundschulunterricht in den Stundenplan miteinbezieht1. Bisher besuchten die Kinder diese Zusatzstunde freiwillig und ausserhalb des Unterrichts. Die Eltern bezahlten dafür Schulgeld. Um mehr über dieses Projekt zu erfahren, rief ich bei Claudia Baumann, der Verantwortlichen, an. Sie erklärte sich bereit mir einige Fragen zu beantworten und lud mich zu einem Elterninfomorgen zu diesem Thema ein. Bei dieser Gelegenheit ging ich auf Stimmenfang bei Eltern und sprach mit dem Musikschulleiter Fred Aregger. Was ist die musikalische Grundschule? "Die Grundschule vermittelt musikalische Kenntnisse und Erfahrungen durch Bewegung, Tanz, Singen, Hör- und Sprechübungen, Klatschen und Spielen auf Instrumenten."2 Ziel des musikalischen Grundschulunterrichts ist es, dass die Kinder ganzheitlich musikalisch gefördert werden. Die Arbeit in den Bereichen Singen, Musikhören, Musizieren, Bewegen und musikalische Grundlagen basieren vor allem auf dem Erleben, erklärte Claudia Baumann. Frau Baumann erwähnte die Grobziele für die erste und zweite Klasse3, die sie anlehnend an den Lehrplan im Fach Musik und mit der Klassenlehrperson zusammen erarbeitet hat und ergänzte, dass es eigentlich keinen verbindlichen Stoffplan gäbe. Was beinhaltet das Grundschulobligatorium? Zu den bisherigen zwei Musiklektionen, welche die Klassenlehrperson erteilt, kommt eine weitere Lektion dazu, die von einer Fachlehrperson, in diesem Fall Frau C. Baumann, unterrichtet wird. Die dritte Lektion wird alternierend erteilt. Während die eine Klassenhälfte die Grundschule besucht, wird die andere Hälfte von der Lehrperson in einem anderen Fach z.B. Deutsch unterrichtet. Nachher wechseln die Gruppen. Meist beginnt Frau Baumann in der musikalischen Grundschule mit einem neuen Bereich und führt die nötigen theoretischen Grundlagen dazu ein. In den folgenden Lektionen mit ihr, aber auch mit der Klassenlehrperson wird daran weitergearbeitet. Auch die Arbeit mit Orff-Instrumenten gehört vorwiegend zum Aufgabenbereich von Claudia Baumann.
In den darauf folgenden Primarschulstufen wird das Projekt ähnlich fortgeführt. Dritt- und Viertklässler besuchen in dieser dritten Lektion den Klassenchor. Den Oberstufenschülern steht es frei, sich für Stimmbildung einzutragen.
Welche Überlegungen führten zu diesem Grundschulobligatorium? Der Einbezug des musikalischen Grundschulunterrichts in den Stundenplan garantiere "ein viel ausgewogeneres Niveau im Musikunterricht und vereinfache auch den Einstieg in den Chorgesang", erklärten Kommission und Schulpflege. Doch nicht nur der Einstieg in das Erlernen eines Musikinstrumentes werde einfacher, auch das Gruppenverhalten der Schülerinnen und Schüler verbessere sich. Der Musikschulleiter Fred Aregger freut sich: "Der musikalische Grundschulunterricht entwickelt und vermittelt musikalische Fähigkeiten. Daneben hat der Sozialisationsprozess eine grosse Bedeutung." Aregger glaubt, dass der ganzheitliche Unterricht, der Kopf, Herz und Hand umfasse, auch vorbeugend "gegen die sich in bedenklichem Mass verbreitende Gewalt in unserer Gesellschaft wirke." Herr Aregger meint, eines seiner Grundanliegen sei, Musik zu fördern. Er hat jedoch Vorbehalte gegenüber "Musik als Grundprinzip"1, da dann die fachliche Wirkung verfehlt werde. Weiter fügt der Musikschulleiter an , dass ihn die Erkenntnisse aus der Neurologie und die Transferwirkung auf andere Fächer zu diesem Vorstoss bewegt hatten. Er vergleicht das Projekt mit Kinesiologie, Brain Gym und Bewegungspausen, die ebenfalls eine balancierende Wirkung auf die kopflastigen Fächer hätten. Auch organisatorische Gründe zwangen Fred Aregger dieses Projekt in Angriff zu nehmen. Der musikalische Grundschulunterricht wurde nämlich zusehends auf die Seite geschoben und zu einer "Randstunde". Durch dieses Obligatorium wird laut Fred Aregger die musikalische Grundschule aufgewertet und ausserdem ist die Kontinuität gewährleistet, da alle Schüler im Bereich Musik etwa gleich weit seien, im Gegensatz zu vorher. Das einzige Problem waren die geeigneten Lehrkräfte. "Die Lehrkraft kann alles", ist seiner Meinung nach veraltet und daher müssten qualifizierte Lehrpersonen eingesetzt werden. In Schenkon ist dies Frau Claudia Baumann. Was die Eltern dazu sagen Praktisch alle der befragten Eltern erwähnten nur Positives und sprachen sich für das Grundschulobligatorium aus. Die Integration der bis anhin freiwilligen Musikgrundschule finden die meisten besser. Manche Kinder würden nämlich freiwillig kaum gehen. Nun sind sie aber motiviert, da die ganze Klasse daran teilnimmt. Auch die Meinung, dass sich die Musikgrundschule nun viel effizienter zeigt als vorher, war zu hören. Viele Eltern schätzen diese Einrichtung, da sie einen guten Ausgleich zu den kopflastigen Fächern bietet. "Die Schüler stehen bereits jetzt unter grossem Leistungsdruck und deshalb ist dies eine Auflockerung und ein guter Bewegungsausgleich zum übrigen Schulalltag", liessen die Befragten verlauten. Nebst der Erholung durch Musik wurde auch "bessere soziale Zusammenarbeit" wie der Umgang zwischen Jungen und Mädchen angegeben. Diese "frühe Berührung mit Musik" ist laut den Eltern wichtig, da die Kinder "sehen, ob Musik etwas für sie ist, das heisst, ob sie Talent dafür haben". Es erweist sich auch als eine gute Grundlage, wenn Kinder später Freude an der Musik bekommen oder ein Instrument erlernen wollen. Weiter wurde angesprochen, dass die Kinder "aus sich herauskommen, sich freier bewegen und die Umwelt besser wahrnehmen." Auch schwächere Schüler könnten mitmachen, manche Leistungsschwächen in anderen Fächern kompensieren und somit ihr "Selbstwertgefühl" steigern.
1 damit ist das Projekt erweiterter Musikunterricht gemeint Siehe auch "Musik macht Schule" Seite 17
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